Dr. Peter F. Reinke
Rechtsanwalt & Fachanwalt

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Eltern haften für ihre Kinder – Zum Umgang mit Medien

 

Auch Eltern müssen nachsitzen – Zum Umgang mit WhatsApp im Kinderzimmer

 

Der bereits im Mai 2017 gefällte Beschluss des Amtsgericht Bad Hersfeld v. 15.05.2017 (Az.: F 120/17 EASO) zeigt die datenschutzrechtlichen Risiken für alle Nutzer des weit verbreiteten Messengers WhatsApp auf und nimmt Eltern minderjähriger Smartphone-Nutzer streng in die Pflicht:

Unter anderem stellte das Gericht fest:

“Vorliegend ist durch die vorgefundene Nutzung der Applikation WhatsApp, wie sie hier durch das Kind E. laufend praktiziert und von seinen Eltern bislang ohne weitere Vorkehrungen geduldet wird, eine Gefahr für das Vermögen des Kindes gegeben. Denn es besteht bei derartiger, unbedarfter und nicht weiter rechtlich abgesicherter Nutzung der App WhatsApp durch das Kind die konkrete Gefahr, dass das Kind wegen eines i.S.v. § 823 BGB deliktischen rechtswidrigen Verhaltens durch andere Personen abgemahnt und zur Unterlassung aufgefordert wird gemäß § 1004 BGB analog. Solche Abmahnungen sind, insbesondere wenn hierfür noch eingeschaltete Rechtsanwälte tätig werden, typischerweise mit intensiven Kosten verbunden, welche bei anwaltlicher Betätigung regelmäßig im dreistelligen Bereich zu verorten sind.”

Der Tenor der Entscheidung lautete wie folgt (die vollständige Entscheidung finden Sie hier: Beschluss des Amtsgerichts Bad Hersfeld v. 15.05.2017, Az.: F 120/17 EASO):

1. Die Kindesmutter wird verpflichtet, mit ihrem Sohn E. eine schriftliche Medien-Nutzungsvereinbarung (Vorlage z.B. unter www.mediennutzungsvertrag.de) zu schließen und diese dem Gericht binnen 1 Monat ab Zustellung dieses Beschlusses in Kopie zu übersenden.

2. Die Kindesmutter wird verpflichtet, von allen Personen, welche aktuell im Adressbuch des Smartphones ihres Sohnes E. gespeichert sind, schriftliche Zustimmungserklärungen dahingehend einzuholen, ob diese Personen damit einverstanden sind, dass E. in dem Adressbuch seines Smartphones die Telefonnummer(n) und den Namen – wenn ja, in welcher Form (Pseudonym, Kürzel oder aber Vor- oder/und Nachname als Klardatum) – der jeweiligen Person speichert und dass die Daten von dort dann regelmäßig über die von E. gleichzeitig genutzte Applikation “WhatsApp” an den Betreiber WhatsApp Inc. in Kalifornien/USA übertragen / hochgeladen werden, wo diese Daten zu vielfältigen Zwecken des Betreibers laut dessen Nutzungsbedingungen frei weiter verwendet werden können.

3. Die Einholung der Zustimmungserklärungen gemäß Ziffer 2. hat die Kindesmutter dem Gericht binnen 2 Monaten ab Zustellung dieses Beschlusses nachzuweisen.

4. Die Kindesmutter wird verpflichtet, regelmäßig – mindestens einmal monatlich – Gespräche mit ihrem Sohn E. über die Verwendung seines Smartphones und über die darauf gespeicherten Kontakte zu führen, sowie das Smartphone und dessen Adressbuch dabei jeweils auch selbst in Augenschein zu nehmen. Hinsichtlich dann jeweils neu im Adressbuch des Smartphones hinzu gekommener Kontaktpersonen hat die Kindesmutter wiederum unverzüglich gemäß der Auflage nach Ziffer 2. zu verfahren.

5. Die Kindesmutter hat dem Gericht jeweils bis zum 15.10.2017, bis zum 15.02.2018 und bis zum 15.06.2018 schriftlich mitzuteilen, welcher neuere Stand sich durch die Erfüllung der Auflage gemäß Ziffer 4. ergeben hat.

6. Kann die Kindesmutter zu den Stichtagen gemäß Ziffer 3. und Ziffer 5. nicht hinsichtlich sämtlicher im Adressbuch des Smartphones ihres Sohnes eingetragener Kontaktpersonen eine schriftliche Zustimmungserklärung gemäß Ziffer 2. nachweisen, so hat sie die Applikation WhatsApp einstweilen von dem Smartphone ihres Sohnes zu entfernen und diese solange von dem Gerät fernzuhalten, bis der Nachweis für alle dort im Adressbuch gespeicherten Personen gegeben ist.

6. Der Kindesmutter wird aufgegeben, persönliche Weiterbildung zum Themenbereich der digitalen Mediennutzung zu betreiben, wie folgt:
a) bis zum 31.5.2017: Lesen des folgenden Online-Beitrags: www.medien-sicher.de/2013/11/liebe-eltern-eine-offene-e-mail
b) bis zum 30.6.2017: Anschauen des Videos unter www.medien-sicher.de/…/03/elternvortrag-digitales-kinderzim…
c) von Juli 2017 bis inkl. Juni 2018: Lesen von mindestens drei Themen-Berichten monatlich auf der Internetplattform ” Klicksafe.de – EU-Initiative für mehr Sicherheit im Netz ” nach jeweils freier Auswahl der Kindesmutter (genauer: Aufsuchen der Internet-Adresse (URL) www.klicksafe.de/themen , dort zunächst Anwahl per Mausklick in der Spalte links zu einem Thema nach Wahl, sodann Auswahl eines konkreten Berichts in der Themenbox mittig [= unterhalb der jeweils weißen Überschrift auf grünem Grund “KLICKSAFE INFORMIERT”] ).
Die Einhaltung dieser Verpflichtungen wird in den Fristen gemäß Ziffer 3. und 5. mit kontrolliert.

8. Der Kindesmutter wird aufgegeben, ab sofortdas Smartphone des Kindes vor dem Schlafengehen jeweils einzuziehen, sowie dem Kind einen anderweitigen, nicht online vernetzten Wecker bereit zu stellen.

Die Kosten des Verfahrens hatte die Kindesmutter zu tragen. Der Verfahrenswert wurde auf 1.500 € festgesetzt.

Das Gericht begründet folglich eine Haftung der Eltern im Falle der Nutzung von WhatsApp durch ihre Kinder!